Von links: Christina Feiler, Prof. Eva-Maria Kieninger, Nicole Kachur

Faire Lieferketten – warum Europa wichtig ist. Spannender Abend, hochkarätige Informationen

Von links: Christina Feiler, Prof. Eva-Maria Kieninger, Nicole Kachur

 

Das Ringen um die europäische Lieferkettenrichtlinie hat am 24. April 2024 zu einem guten Ende gefunden – die Richtlinie ist vom Parlament angenommen worden und wird demnächst im Gesetzblatt der EU stehen. Ein guter Anlass für den Ortsverband Veitshöchheim sich kurz vor der Europawahl erneut mit dem Thema Faire Lieferketten zu befassen. Bei der Suche nach einer geeigneten Referentin konnten sie auf die eigenen Reihen zurückgreifen, denn ihr Mitglied Professor Dr. Eva-Maria Kieninger ist eine bundesweit bekannte Expertin auf diesem Gebiet.

Prof. Eva-Maria KieningerSie ist seit 2001 Inhaberin des Lehrstuhls für Deutsches, Europäisches und Internationales Privatrecht an der Universität Würzburg, seit 2003 Mitglied des Deutschen Rates für Internationales Privatrecht, eines Beratungsgremiums des Bundesjustizministeriums, und war bis 2023 stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Internationales Recht. Seit vielen Jahren beschäftigt sie sich intensiv mit international-privatrechtlichen Nachhaltigkeitsthemen, wie der Corporate Sustainability Due Diligence und der Climate Change Litigation.

Schon 2020 hatte sie gemeinsam mit MbB Uwe Kekeritz (Bündnis 90/Die Grünen) im Veitshöchheimer Rathaussaal zu den Pflichten von Unternehmen gesprochen, in ihren Lieferketten auf die Einhaltung grundlegender Menschenrechte und Umweltstandards zu achten. Derartige Sorgfaltspflichten waren seinerzeit nur unverbindliche Leitlinien und Empfehlungen. Da sich die Unternehmen aber zum größten Teil nicht an den aus den Leitlinien abgeleiteten Nationalen Aktionsplan hielten, verabschiedete die Große Koalition kurz vor der Bundestagswahl 2021 ein deutsches Lieferkettengesetz, das seit 2024 für alle inländischen Unternehmen mit mehr als 1000 Arbeitnehmern gilt. Es enthält bindende Vorgaben, wie Unternehmen darauf hinwirken müssen, dass in ihrem eigenen Geschäftsbereich sowie bei ihren unmittelbaren und mittelbaren Zulieferern keine Kinder- oder Zwangsarbeit stattfindet, keine gesundheitsschädlichen Arbeitsbedingungen herrschen usw., und dass zentrale internationale Umweltschutzübereinkommen beachtet werden. Dieses deutsche Gesetz wird nun grundlegend überarbeitet werden müssen, da sich die EU-Mitgliedstaaten und das Europaparlament im März 2024 auf eine europäische Lieferkettenrichtlinie verständigt haben. Vor allem im Umwelt- und Klimaschutz, aber auch bei den Sanktionen enthält das Europäische Recht strengere Vorgaben als das deutsche.

In der gut gefüllten Aula der Eichendorffschule stellte sich Frau Professor Kieninger den vielfältigen Fragen, die Nicole Kachur (Fairtrade-Steuerungsgruppe) und Christina Feiler (Bezirks- und Gemeinderätin, Bündnis 90/Die Grünen) vorbereitet hatten. Themen waren die Unterschiede zwischen dem deutschen Gesetz und der Richtlinie, die grundlegende Frage, warum wir überhaupt ein Europäisches Lieferkettengesetz brauchen, wo es schon ein deutsches gibt, die Folgen für Unternehmen bei Verstößen gegen Sorgfaltspflichten und vor allem die Frage nach dem konkreten Nutzen für die Menschen im Globalen Süden. Immer wieder wurde auch auf die Belastung der Unternehmen hingewiesen und gefragt, wie man diese beispielsweise durch die Etablierung von verlässlichen Kennzeichen oder die Einbindung von Multistakeholder-Initiativen in Grenzen halten könnte. Dabei wurde auch deutlich, dass zwischen den gesetzlichen Mindestanforderungen und den Vorgaben der Fairtrade-Siegel ein deutlicher Unterschied besteht, so dass der Fairtrade-Handel durch die neuen gesetzlichen Vorgaben (die auch erst einmal konkret umgesetzt werden müssen) keineswegs überflüssig wird.

 

Da die Zuhörer durchweg gut informiert und sehr interessiert waren, entspann sich eine rege Diskussion, die alle nach 90 Minuten intensiven Austauschs als äußerst gewinnbringend empfanden. Klar wurde auch, wie wichtig die bevorstehende Europawahl und die Stimme für eine demokratische Partei sind.

Eine Gegenüberstellung von deutschem und europäischem Lieferkettenrecht von Prof. Kieninger: Übersicht deutsches und europäisches Lieferkettenrecht

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